Ausländische Pflegekräfte: Vermittlungsprozess muss dringend beschleunigt und entbürokratisiert werden
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung mit der „Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa)“ und der jetzt beginnenden Zusammenarbeit zwischen DeFa und der Personalberatung Dr. Liesenfeld Consulting GmbH, Köln weisen die Geschäftsführer der Personalberatung in einem Pressegespräch auf die hohen Hürden der Vermittlung von ausländischen Pflegekräften hin.
Die kürzlich gegründete DeFa gehört zum KAP-Handlungsprogramm „Pflegekräfte aus dem Ausland“ (Konzertierte Aktion Pflege) und wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Die DeFa unterstützt bei der Übernahme der aufwendigen Antragsaufbereitung für die deutschen Verwaltungsverfahren, die für die Berufsanerkennung und Einreise von Pflegekräften nach Deutschland notwendig sind. Darüber hinaus verpflichtet die DeFa ihre Vertragspartner, die international anerkannten Rahmenbedingungen für eine ethische und sozial verantwortbare Fachkräfteanwerbung einzuhalten.
Die Wartezeiten für die Aufenthalts-und Arbeitsgenehmigung (Visa) bei den Botschaften im Heimatland der Pflegekräfte würden viel zu lange dauern, erläutert Franz-Josef Liesenfeld, Geschäftsführer von Liesenfeld Consulting. Dieser Zustand hätte sich durch die Corona-Krise noch zugespitzt. „Durch das jetzt neu geschaffene Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) hat sich leider bisher nicht viel geändert“, so Liesenfeld.
Außerdem sei der Anerkennungsprozess aktuell noch viel zu intransparent, zu kompliziert und zu langsam, ergänzt Irina Oljaca, die aktuell in die Geschäftsführung berufen worden ist. Der Anerkennungsprozess ist notwendig, wenn Nicht-EU-Bürger den Beruf der Pflegefachkraft in Deutschland ausüben wollen. „Wir benötigen mindestens 35.000 Pflegekräfte, um einen Pflegenotstand zu verhindern, und das wird von Jahr zu Jahr schlimmer, wenn wir keine ausländischen Pflegekräfte nach Deutschland vermitteln können. Wir haben aktuell ein „Anerkennungschaos“, das dringend vereinheitlicht werden muss“, sagt Oljaca. Das gesamte System müsse auf den Prüfstand und vor allem beschleunigt und entbürokratisiert werden.
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft könnten in der stationären Versorgung bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte fehlen. Laut Bundesregierung sind 2030 ca. 3,5 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland prognostiziert, Tendenz steigend.
Auch die Schulungsmaßnahmen zur Erlangung der beruflichen Anerkennung als Pflegefachkraft seien ungenügend, sagt Oljaca. Es fehlten Pflegefachschulen, Unterrichtsräume und Lehrer, um die aus dem Ausland geworbenen Pflegekräfte auf die deutschen Erfordernisse vorzubereiten.
„Daher haben wir jetzt die Zusammenarbeit mit den WBS TRAINING SCHULEN gGmbH, Berlin begonnen“, sagt Liesenfeld. Die WBS SCHULEN sind Bildungsexperten in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales und verfügen über 10 Standorte deutschlandweit. „2017 haben wir unser Azubi Welcome Programm initiiert, über das wir seitdem junge Menschen aus Nicht-EU-Staaten rekrutieren“, erläutert Michael Grau, Geschäftsführer der WBS SCHULEN. „In Deutschland bilden wir sie nach deutschen Qualitätskriterien zu Pflegefachkräften aus und unterstützen sie mit Sprachunterricht, begleiten sie hinsichtlich bürokratischer Herausforderungen und führen sie an die deutsche Kultur heran“, so Michael Grau.
Liesenfeld Consulting hat sich außerdem aktuell an einer Sprachschule in Tirana, Albanien mit dem Ziel beteiligt, die Bewerber auf die deutsche Sprache und Anerkennung vorzubereiten. Weitere Beteiligungen an Fachschulen in verschiedenen Ländern sollen folgen. „Der Schlüssel zur qualitativen Vermittlung und Betreuung von ausländischen Pflegekräften liegt in der Erlernung der deutschen Sprache“, sagt Oljaca. „Daher werden wir uns in Zukunft an weiteren Fachschulen in Ländern auf dem Balkan und Mittelamerika beteiligen. Ein Projekt haben wir gerade in Kolumbien gestartet und erwarten daraus ein Vermittlungsvolumen von über 200 Pflegekräften in den nächsten zwei Jahren“